Ohne Facebook, Instagram & Co – geht das?

Aufregung, Anspannung und ein kleines bisschen Schüchternheit liegen in der Luft, neugierige Blicke auf beiden Seiten. 30 Jugendliche stehen 13 älteren Damen gegenüber. Alle haben sich nur für diesen besonderen Anlass herausgeputzt. Denn es ist eine besondere Begegnung zwischen den unterschiedlichen Generationen. Die Schülerinnen und Schüler haben einen Auftrag: Ein Interview zum Thema “Eine Welt ohne neue Medien”.

Die Klasse 8 f der Staatlichen Realschule Landshut besucht das angrenzende Magdalenenheim im Rahmen des Projekts „Zeitung in die Schule”. Das zuvor im Unterricht erarbeitete Thema „Interview” sollte seinen Höhepunkt darin finden, dass eine praktische Anwendung der Vorgehensweise durchgeführt wird. Die anfängliche Schüchternheit legt sich rasch. Das liebevolle Lächeln der älteren Damen und die Aufgeschlossenheit der Jugendlichen brechen das Eis sofort. Bereits nach wenigen Minuten sind alle in ein reges Gespräch verwickelt. Jeweils fünf Schüler interviewen zwei Damen über die damalige Zeit – eine Zeit ohne moderne Medien. Die Frage, ob die Frauen derzeit ein Handy besäßen, leitet fast in allen Gruppen das Interview ein. In den meisten Fällen wird dies bejaht. Doch bei der Notwenigkeit scheiden sich die Geister. Eine Dame antwortet: “Es ist wichtig für mich, denn so kann ich mit meiner Tochter auf Hawaii kommunizieren.” Sie würde auch allen Heimbewohnern ein Handy weiterempfehlen, da sie selbst sehr zufrieden damit sei. Frau Martha D. schlägt sich hingegen auf die Seite der Mobilfunkgegner. “Ein Handy ist für mich nicht lebensnotwenig”, entgegnet sie den jungen Interviewern. Schnell geht das Gespräch dazu über, dass über die Kindheit der Damen gesprochen wird – ohne Facebook, Instagram und Co. Kontakt mit Freunden und Verwandten hielten sie über Briefe. Um sich zu verabreden gingen die Frauen früher beispielsweise direkt zu ihren Nachbarn und fragten persönlich, ob diese Zeit hätten. Meist waren die Freundschaften auf ihr Dorf und angrenzende Gegenden beschränkt. Und anstatt sich mit Videospielen zu beschäftigen, gingen sie nach draußen. Neuigkeiten erhielten sie durch das Radio und manch einer hatte sogar das Privileg eines Fernsehers. Dort wurde dann ab und an ein Theaterstück, eine Oper oder ein Film angesehen. „Die Menschen früher hatten kein großes Interesse an Medien und fokussierten sich mehr auf ihre Arbeit und ihre Familie.“ Jedoch waren die Damen von anderen technischen Geräten begeistert und fasziniert, wie beispielsweise dem Staubsauger, denn dieser erleichterte ihnen das Leben tatsächlich. „Wir sind sehr gut ohne ein Handy oder andere technische Geräte klargekommen”, versichert Frau Erika B.

Laut JIM-Studie 2015 besitzen heutzutage rund 99 % aller jungen Mädchen und 97 % aller Jungen ein Handy oder Smartphone. Rund 94 % der befragten 12- bis 19-Jährigen benutzen dieses auch täglich oder mehrmals die Woche. Ob mit Freunden zu kommunizieren oder durch das Internet zu surfen – das Handy ist ein ständiger Begleiter. Auch der Fernseher wird von ca. 81 % nahezu täglich benutzt. Eine Welt ohne moderne Medien ist für sie so kaum noch vorstellbar.

Durch dieses Interview erhielten die Jugendlichen der Klasse 8 f einen Einblick in eine andere Zeit. „Es ist ein spannendes Gefühl, jemanden kennenzulernen, der die Welt ganz anders erlebt hat – ohne moderne Medien, ohne soziale Netzwerke”, fasst Jessica ihre Erlebnisse zusammen. Regelrechte Begeisterung war bei den Schülern erkennbar. “Dürfen wir die älteren Damen wieder einmal besuchen?”, fragt Tobias nach dem Interview. Diese Zitate zeigen, dass man auch Jugendliche für eine medienfreie Zeit begeistern kann und wie interessant solche Geschichten für die Schüler sein können. Durch die reibungslose Zusammenarbeit mit dem freundlichen und engagierten Personal des Magdalenenheims sollte es auch in Zukunft vermehrt möglich sein, dass Schüler das Altenheim besuchen, damit generationenübergreifende Geschichten ausgetauscht werden können.

Bericht aus Lanshuter Zeitung vom 18. April 2018 (Zeitung in der Schule)